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Beitrag: Blog2_Post
AutorenbildSarah Weya

Entmenschlichung

Nostalgie in der heutigen Zeit



Was hatten wir nur für eine schöne Kindheit und waren uns dessen gar nicht bewusst? Zu Spitzenzeiten hatte ich 10 Brieffreundinnen. Im Sommer bekam man Ferien-Postkarten, die ich alle in einer Box aufbewahrt hatte. Unter dem Kabeltelefon befanden sich die Telefonbücher aus dem Kanton Solothurn und Bern. Falls man zufälligerweise jemandem im Wallis erreichen wollte, musste man dafür in eine Telefonkabine gehen. Das ist schon eine sehr witzige Erinnerung.


Mittwochnachmittage verbrachte ich in Passfotoautomaten. Einwegkameras führten manchmal zum Frust, weil die Fotos alle unscharf waren oder der Daumen das Zielbild überdeckte. Manchmal hatten auch alle auf dem Foto rote Zombie-Augen, der Rest war dunkel.


In meiner Familie hatte man mit Kugelschreiber im Fernsehheft Sendungen markiert, die man nicht verpassen wollte. Mein Vater hat sich immer aufgeregt, da die besten Filme erst nach dem Standardprogramm ausgestrahlt wurden. Das schönste Geschenk, das man bekommen konnte von seiner Liebe, war ein Mixtape. Als ich meine Lehre als Polygrafin begann, hat man das Gut zum Druck per Post verschickt, der Kunde schickte sein OK wieder zurück, man hatte unendlich Zeit.


Als wir in die Ferien gefahren sind, hat mein Vater mit einem Marker die Route auf der Karte eingezeichnet. Wenn er sich verfahren hatte, wussten wir alle, dass wir eine Stunde später am Ziel ankommen werden. Ach, und den Geruch der Bibliothek werde ich auch nicht vergessen und die kleine Auswahl, die man für einen guten Vortrag hatte. Doch jetzt zum Sprung.


Obwohl wir das Internet alle schätzen und man mittlerweile fast einen Herzinfarkt bekommt, wenn wir aus irgendeinem Grund kein Netz haben, kommt es aber jetzt noch dicker. Die künstliche Intelligenz (KI) ist noch in den Kinderschuhen, obwohl ich das bezweifle, aber sie ist da. Menschen, die das verherrlichen, haben vielleicht recht, aber dass es ihnen keine Angst macht, erstaunt mich sehr. «Ich kann meinen Augen nicht trauen» bekommt eine neue Bedeutung, weil es Tatsache ist. Ich habe Fotos gesehen, bei denen man wirklich nicht mehr unterscheiden kann, ob es echt ist oder fake. KI kann Kunst machen, kreieren, texten oder gestalten und das ist nur der Anfang.


Ich habe Mühe, mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Ich beobachte einfach, wie erwachsene Menschen mit der künstlichen Intelligenz zu kleinen, spielenden Kindern werden. Jeder technologische Fortschritt hat dies ausgelöst, doch jetzt könnte es gefährlich werden.


Zukünftig kann jeder alles sein, Designer, Künstler, Texter oder Filmemacher. Es könnte sein, dass es keine kreativen Köpfe mehr braucht, das macht die KI. Der Witz ist, die Menschen haben tatsächlich das Gefühl, sie seien mit ihr kreativ. Dabei ist sie nur ein Werkzeug.


Wenn ich das alles im Kopf weiterspinne, kommt mir der Film «WALL•E» in den Sinn. Wenn alle fett im Stuhl herumhängen und nichts mehr zu tun haben, bin ich im Wald und fische.



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