Sarah Weya
Ich war von allen guten Geistern verlassen, als ich mich mit 18 Jahren von einer Brücke stürzen wollte. Es war nicht nur ein Gedanke, sondern ich stand tatsächlich da. Das Gefühl von Liebeskummer war so schmerzhaft, dass ich nicht länger mit dieser Emotion leben wollte. Wahrscheinlich wäre ich nicht gesprungen, doch dann geschah etwas Göttliches. Tränenüberströmt konnte ich ein Licht erkennen in der Dunkelheit. Da sich die Brücke im Wald befand, konnte ich eine künstliche Lichtquelle ausschliessen. Ich wollte wissen, woher das Licht kam, und ich stand vor einem Gebüsch voller Glühwürmchen. In diesem Moment empfand ich ein Glücksgefühl der seltenen Art und ich war überzeugt, dass ich Gott begegnet bin.
In meiner Kindheit hatte ich Angst vor unserem Herrn. Den Religionsunterricht empfand ich als Stress. Ich wusste, dass ich die Regeln breche, und das machte mir zu schaffen. Ich habe gelogen, gestohlen und gedanklich meinen Feinden alles Schlechte gewünscht. Somit habe ich Gott gekündigt. Ich fand es befreiend, ohne ihn zu leben. Die Konfirmation wollte ich jedoch durchziehen. Die Hälfte der obligatorischen Kirchenbesuche habe ich vorgetäuscht. Ich habe die Namen von Pfarrern aus dem Telefonbuch herausgesucht, und dann ihre Unterschriften frei erfunden. Leider hat das Konfirmationsgeld immer noch nicht für ein «Töffli» gereicht und ich musste weiterhin mit dem Sackgeld sparsam umgehen. Schliesslich hatte ich genug Kohle und kaufte mir ein bereits frisiertes «Töffli». Ich nannte es Adieu, da es kein Ciao war. Vielleicht hätte ich es anders nennen sollen, da es mir 2 Wochen später gestohlen wurde. «Arschloch Gott», dachte ich. Übrigens hat der Pfarrer entschieden, dass wir ein ehemaliges Vernichtungslager in Deutschland besuchen, mit dem Car, anstatt das beliebte Konflager durchzuführen. Ich war so erschüttert von dieser Erfahrung und meinem Kopfkino, dass ich auf der Heimreise kein Wort mehr gesprochen habe.
Sobald ich Steuern zahlen musste, bin ich aus der Kirche ausgetreten. Der Pfarrer hat mich angerufen und wollte mich bekehren. Ich sagte ihm, ich sei eh nur eine Rippe in dieser Gottesgeschichte, ich zahle keinen Rappen für diesen Verein. Heute glaube ich zu verstehen, was mit der Rippe gemeint ist in der Bibel, und das ist gut so. Manchmal haben mich die Zeugen Jehovas angesprochen und ich fragte sie: «Wenn Adam und Eva die Erde bevölkert haben, warum ist dann Inzucht verboten?» Meistens sind sie dann weitergegangen. Im Grunde genommen war ich einfach wütend, weil für mich das ganze Gotteszeug nicht aufging.
Meine jungen Jahre habe ich gottlos verbracht, bis ich zwei Künstler und Philosophen kennengelernt habe. Sie haben hauptsächlich über 3 Bücher gesprochen und ich verstand kein Wort. «Gespräche mit Gott» von Neale Donald Walsch (Band 1-3). Allein dieser Titel hat mich abgeschreckt, aber ich wollte einfach mitreden können. Also habe ich mir diese 3 Bücher gekauft und gelesen. Das erste Buch habe ich halbwegs verstanden und die beiden anderen waren Lichtjahre von meinem Verständnis entfernt. Somit beschloss ich die Gespräche mit Gott so lange zu lesen, bis ich den Zugang fand. Heute kann ich sagen, dass diese Bücher ein Segen für mich waren. Der Anfang meines grossen Wissensdursts. Es war nicht einfach, den Gott loszulassen, den man mir als Kind eingetrichtert hat.
Danach war die Welt der Fragen so offen, dass ich mich auf der Suche nach Gott verloren habe. Orientierungslos las ich mich in X-Büchern durch alle menschlichen Vorstellungen von unserem Herrn. Allein die Vorstellung, dass sich jede Kultur eine eigene Version davon reserviert, machte mich wahnsinnig. Welche stimmt, welche nicht? Oder haben alle recht? Ich las mich durch Esoterik-Bücher, Psychologie, Buddhismus, Physik und Magie. Am Ende war ich so erschöpft, dass ich beschlossen habe, einfach eines zu wissen. Wir wissen es nicht, wie das ganze Gotteszeug genau funktioniert. Wahrscheinlich sind wir es alle selbst, das Göttliche. Wir erschaffen unsere Realität. Wenn ich mal sterbe, möchte ich einfach ALLES wissen, und zwar die Wahrheit, das ist er mir schuldig!
Auf die Frage, ob es den Tisch gibt, an dem man vielleicht gerade sitzt, oder den Boden, auf welchen man steht, würden wohl die allermeisten die klare Antwort «ja» geben. (Obwohl sie gar nicht so klar ist, wie es scheint.) Man könnte die Frage erweitern, und fragen, ob es denn alles gäbe, und fast alle würden das bejahen. Und dieses «Alles» und noch mehr nennen Wir Gott. So einfach. Wer also an überhaupt etwas glaubt, glaubt an Gott.
Jetzt gibt es noch jene, die sagen, das alles existiere gar nicht. Auch sie haben recht. Auch das nennen Wir Gott.
Es ist also erstmal eine schlichte Definitionsfrage. Problem ein für alle Mal gelöst.
Bitte, gern geschehen. 😎👑
Sehr bewegend!