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AutorenbildKäthe Chismos

Die Lex Putina im Omnibusverfahren

Aktualisiert: 31. Okt. 2022

Deutschland: Erweiterung des Paragraphen 130 im Bundeszentralregistergesetz bringt Juristen ins Grübeln.


Seit drei Jahren bedient man sich verstärkt im deutschen Bundestag einer besonders perfiden Methode, unliebsame Gesetze durchzuwinken, in dem man sie mit anderen Gesetze ohne inhaltlichen Bezug in der Beschlussfassung koppelt, so nach dem Motto, wenn ihr A haben wollt, dann müsst ihr B auch schlucken. Im Handel nennt man dies Koppel- oder Verbundgeschäfte und sie sind zu Recht verboten. Jedoch nicht, wenn es gilt, missliebige Gesetze durchzuwinken, ohne, dass die Bevölkerung oder eine (kritische) Presse groß davon erfährt und eventuell protestieren oder Einwand erheben könnte. Im Juristendeutsch heißt das natürlich nicht Koppelgeschäft, sondern «Omnibusverfahren». Herhalten musste diesmal eine Änderung des Bundeszentralregistergesetzes.


Die neueste Kröte, die es nun zu Schlucken galt und welche die Änderung des Bundeszentralregistergesetzes quasi Huckepack nahm, war eine Erweiterung des Paragraphen 130 im deutschen Strafgesetz, welcher den Straftatbestand der Volksverhetzung beinhaltet.


Hier wird unter Strafe gestellt, wer zum einen gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen aufgrund nationaler, religiöser oder ethnischer Herkunft zu Hass, Willkür oder Gewalt aufstachelt, wer die Menschenwürde anderer angreift, indem Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen der Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, oder – und deswegen ist der Paragraph auch international bekannt – wer unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlungen billigt, leugnet oder verharmlost. Gemeint ist hier die sog. Holocaust-Leugnung.


Nun wurde dieser Paragraph um den Abschnitt erweitert, dass das öffentliche Billigen, Leugnen und Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen ebenfalls unter Strafe steht, wenn die Tat in einer Weise begangen wird, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.


Was auf den ersten Blick vielleicht vernünftig klingt, kann jedoch – und das ist die Befürchtung vieler Juristen – ein weiterer großer Schritt zum Eindämmen der Meinungsfreiheit sein, denn ob Kriegsverbrechen vorliegen, bestimmt natürlich die herrschende Kaste in der Regierung. Wird zum Beispiel auf einer Demonstration (Störung des öffentlichen Friedens?) Kriegsverbrechen russischer Soldaten im Ukraine-Krieg mit den Verbrechen ukrainischer Soldaten verglichen und relativiert, so kann dies schon unter Paragraph 130 fallen und mit Freiheitsstrafe belangt werden. Denn die allgemeinen politischen Vorgaben der Regierung lauten, dass die Ukrainer gut und die Russen böse sind. Dieser Meinung hat man sich kritiklos öffentlich unterzuordnen, ansonsten kann man sich der Volksverhetzung strafbar machen. Der Paragraph 130 StGB wird somit zu einer Lex Putina. Meinungsfreiheit ade.

Linke und AfD haben von daher nicht nur dagegen gestimmt, auch kommt von ihnen scharfe Kritik, weil auch sie erkannt haben, dass das Gesetz missbraucht wird, um andere Meinungen, Ansichten oder gar Fakten zu unterdrücken.[1] Was wäre zum Beispiel, wenn man russische Kriegsverbrechen mit amerikanischen Kriegsverbrechen vergleichen oder gar gleichsetzen würde? Wo doch der große NATO-Bruder immer nur hehre Ziele verfolgt, laut vorgegebener Politagenda? Oder sollte man besser sagen Propaganda?


Interessant ist auch, dass der Paragraph der Volksverhetzung nicht greift, wenn auf Twitter, in der Presse oder gar im Fernsehen dermaßen offensichtlich Volksverhetzung betrieben wird, nur diesmal gegen einen Teil der eigenen Bevölkerung.

Der neueste Fall ereignete sich vor knapp einer Woche, als die alternde Schauspielerin Heidelinde Weis vor laufender Kamera dazu aufforderte[2], dass Menschen, die von ihrem Recht auf Demonstration gegen die Corona-Impfung, bzw. gegen die Impfpflicht Gebrauch machen, „zu prügeln seien“, womit Weis im Publikum erschreckenderweise auch noch Beifall erheischte. Dann schweigen die Medien und schweigt das Justizministerium.


[1] URL: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/volksverhetzung-voelkermord-kriegsverbechen-groeblich-verharmlosen-billigen-leugnen-130-stgb-holocaust/ [2] URL: https://youtu.be/ixbuDTLx9-Y



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Max Weiss
Max Weiss
Oct 25, 2022

Genau so ist es. Es wird mit verschiedenen Ellen gemessen und es öffnet Willkürherrschaft Tür und Tor.

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